Berblinger-Wettbewerb

Am 31.11.1811 versuchte der Schneidermeister Albrecht Ludwig Berblinger mit seinem selbstgebauten Fluggerät die Donau in Ulm zu überqueren. Unter anderem bedingt durch die ungünstigen Wetterbedingungen endete der „Flug“ abrupt im Wasser und Berblinger wurde zum Gespött der Leute, an das Konzept seines Fluggerätes glaubte niemand mehr.

175 Jahre später fand anlässlich dieses Geburtstages am 15.06.1986 der erste Berblinger-Wettbewerb statt. Das Ziel der Ausschreibung war es, die Donau an der gleichen Stelle wie im ursprünglichen Versuch mit einem Nachbau des Originalmodells zu überqueren. Dabei sollte sich an den Zeichnungen des Originals orientiert werden, ein wichtiges Kriterium für die Bewertung war der Flügelgrundriss. Allerdings waren Verbesserung der Flugleistung durch Flügelschlag erlaubt. Dreißig Teilnehmer wagten mit ihren Fluggeräten den Sprung aus 13 m Höhe, und tatsächlich: Trotz zahlreicher Fehlversuche und Wasserlandungen gelang eine Überquerung des Flusses mit einem originalgetreuen Fluggerät.

Seit 1986 findet der Berblinger-Wettbewerb alle zwei Jahre statt. Die Ausschreibungsthemen befassen sich seitdem mit besonders innovativen und Ansätzen der allgemeinen Luftfahrt. Dabei ist die Ausschreibung bewusst sehr offen gehalten, um neue Ideen und Ansätze zu ermöglichen. Der Wettbewerb ist weltweit einzigartig und lässt eine internationale Teilnahme zu.

Für den Berblinger-Wettbewerb 1996 lauteten die formalen Kriterien wie folgt:

  • Die Bewerbung muss bis zum 30.06.1993 eingegangen sein
  • Die rechnerischen und konstruktiven Nachweise müssen bis zum 31.10.1995 abgegeben werden.
  • Am 01.05.1996 muss sich das Fluggerät zu Demonstrationszwecken in einem flugfähigen Zustand befinden.

Die rechnerischen Nachweise wurden in den Kategorien: Projektbeschreibung, Lastannahmen, Festigkeitsnachweis. Flugleistungsberechnung, Flugmechanik und Bau- und Konstruktionsunterlagen bewertet. Dabei wurde auf Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit, Plausibilität und Darstellung geachtet. Insgesamt wurden siebzehn Projekte eingereicht. Für den Icaré wurden unter der Leitung von Prof. Dipl. Ing Voit Nitschmann, Dipl. Ing M. Rehmet und Dipl. Ing W. Scholz ca. 40 Studien und Diplomarbeiten durchgeführt.

Weiterhin wurde eine Liste mit technischen Kriterien herausgegeben, die es zu erfüllen galt. Sie lauten wie folgt:

  • Das Fluggerät muss aerodynamisch um alle drei Achsen steuerbar sein
  • Jeder Insasse soll mit 90kg angenommen werden.
  • Das Fluggerät muss eine Standardinstrumentierung und Überwachungsinstrumente für das Motorsystem beinhalten.
  • Das Fluggerät muss konstruktiv und aerodynamisch den festgelegten Betriebstüchtigkeitsanforderungen entsprechen, die Bemessungsgeschwindigkeit darf nicht kleiner als 120km/h sein.
  • Das Fluggerät soll für den Straßentransport zerlegbar sein.
  • Die Gleitzahl ohne Triebwerk soll ≥ 20 , eine Sinkrate von ≤ 1,0 m/s möglich und die Überziehgeschwindigkeit ≤ 60km/h sein.
  • Mithilfe der gespeicherten Energie soll eine Höhe von 450m erreicht werden, dabei soll ein Steigen von 2m/s angenommen werden. Die Energiespeicherung muss nicht elektrisch erfolgen, allerdings muss eine Ladung des Energiespeichers im Flug möglich sein.
  • Bei einer Einstrahlung von 500 W/m2 muss die Höhe gehalten werden können.
  • Es muss sich ein zugelassenes Rettungssystem an Bord befinden.
  • Die Solarzellen müssen gegen Schmutz und Wettereinflüsse geschützt sein.
  • Die Akkus müssen so ausgewählt und eingebaut werden, dass kein Sicherheitsrisiko besteht, ebenso müssen für elektrische Bauteile Industrienormen eingehalten werden. Von außen zugeführte Energie darf nur zur Ladung der Akkus vor dem Start verwendet werden.

Für den praktischen Teil des Wettbewerbs wurde der Flugplatz der Heeresflieger in Laupheim ausgewählt. Da im Mai 1996 noch kein Fluggerät im flugfähigen Zustand war, wurde der Termin auf dem 07.07.1996 verschoben.

Der Wettbewerb bestand aufgrund des Fortschritts der Fluggeräte aus folgender Aufgabe: Beschleunigen, abheben, Steigflug auf drei Meter Höhe und wieder landen. Das einzige flugfähige Flugzeug war der Icaré II, der einige Wochen zuvor bereits seinen Erstflug erfolgreich absolviert hatte. Zwar hatte er das Kriterium der Leistung im Horizontalflug nicht erfüllt – der Icaré II benötigte 550 W/m2 -, jedoch hatte alle anderen Anfordeurngen mehr als erfüllt und gewann somit den Berblinger-Wettbewerb.